Die Verkehrsprognose für das Jahr 2030 geht von deutlich steigenden Güterumschlägen in den Seehäfen aus. Da die Schieneninfrastruktur schon heute überlastet ist, müssen zusätzliche Kapazitäten geschaffen werden, um die Güter von den Seehäfen ins Hinterland transportieren zu können. Weil die im Jahr 1992 in den Bundesverkehrswegeplan als „Vordringlicher Bedarf“ aufgenommene Y-Variante unter anderen Vorgaben aufgestellt wurde (diese Variante war hauptsächlich für den Personenfernverkehr konzipiert), hat die Deutsche Bahn, der Bund und das Land Niedersachsen beschlossen, die Bürger bei der Suche nach Alternativen umfangreich zu informieren.

Mit dem Dialogforum Schiene Nord (DSN) schuf die niedersächsische Landesregierung ein Instrument der Öffentlichkeitsbeteiligung. In einem fairen, transparenten und ergebnisoffenen Verfahren sollten Kriterien für die weitere Planung erarbeitet werden. Was von der Idee her gut ist (man hat aus dem Fiasko um „Stuttgart 21“ gelernt), führte aber durch eine mangelhafte Umsetzung zu einem unakzeptablen Ergebnis. In insgesamt 8 öffentlichen Sitzungen wurde diskutiert, wurden Beschlüsse gefasst und Meinungen ausgetauscht. Am 05. November 2015 fand die letzte Sitzung mit einer feierlichen Abstimmung und Unterzeichnung eines Abschlussdokumentes statt. Das Ergebnis: Vom Dialogforum wird nur eine einzige Variante zur Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan 2015 vorgeschlagen – die Variante Alpha-E.

Zusammensetzung des Forums

Es durften sich betroffene Kommunen und Landkreise, Umwelt- und Verkehrsverbände, Bürgerinitiativen und Wirtschaftsvertreter zum Dialogforum anmelden. Doch teilnehmen durfte nur, wer sich rechtzeitig angemeldet hatte. Bei der Entscheidung, ob eine Anmeldung rechtzeitig eingegangen ist oder nicht, diente jedoch kein Stichtag sondern die Belegung der im Congress Union Celle zur Verfügung stehenden Stühle.

Obwohl die Bürgerinitiative Deutsch Evern 21 sich als Vertreter von mehreren tausend direkt betroffenen Bürgern mehrmals um einen Sitz im Dialogforum bemüht hat, ist ihr der Platz im Dialogforum verwehrt worden. Auch die Gemeinde Deutsch Evern durfte nicht am Dialogforum teilnehmen.

Andere Bürgerinitiativen hingegen, die teilweise sehr wenige (im einstelligen Bereich) Mitglieder vertraten, durften am Dialogforum teilnehmen und abstimmen. Auch die Teilnahme mehrerer Bürgerinitiativen aus einem Ort und zusätzlich der für diesen Ort zuständigen Gemeinde, Samtgemeinde und Landkreis hatten einige Bürger mehrere „Stimmen“ und lassen nur einen Schluss zu: UNDEMOKRATISCH!

Variantenauswahl und Bewertung

Eigentlich wollte man sämtliche Varianten nach einem Bewertungsschema miteinander vergleichen und dann die am besten geeignete Variante für die Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan vorschlagen. Eigentlich… Denn alle Varianten, die in irgend einer Art und Weise etwas mit Neubau zu tun haben, wurden nicht weiter betrachtet, weil man sich im Forum auf den Grundsatz „Ausbau vor Neubau“ geeinigt hatte. Da war es natürlich von Vorteil, dass Bürgerinitiativen, Gemeinden, Verbände usw., die vom Bestandsstreckenausbau betroffen sind, nicht für das Dialogforum zugelassen wurden.

Und so wurde dann auch die A7-Variante sang- und klanglos „begraben“. Und mehr noch, da man sich ja auf den Grundsatz „Ausbau vor Neubau“ geeinigt hatte, gab es gar keine Varianten mehr, die man miteinander hätte vergleichen können. Also „überprüfte“ man, ob der Bestandsstreckenausbau den Ansprüchen (engpassfrei, wirtschaftlich…) genügt. Das Ergebnis war: NEIN, tut sie nicht! Und trotzdem einigte sich die Mehrzahl der Teilnehmer im Dialogforum auf den Bestandsstreckenausbau, schließlich genügte diese Variante ja der Prämisse „Ausbau vor Neubau“.

Fazit

Bürgerbeteiligung ist gut und wichtig. So, wie das beim Dialogforum Schiene Nord gelaufen ist, geht es jedoch nicht! Wenn die Zusammensetzung so unausgewogen ist, dass Bürgerinitiativen, die eine relativ kleine Anzahl von Menschen vertreten, die „Übermacht“ im Forum haben und so sinnvolle Varianten ausschließen und eine vollkommen unzureichende Variante (den Bestandsstreckenausbau) beschließen, dann ist die Bürgerbeteiligung sinnlos. Hinzu kommt, dass Nichtfachleute die Einwendungen von Fachleuten ignorieren können, nur um „ihre“ Ziele durchzudrücken.

Jeder, der auf die Umsetzung der vom Dialogforum Schiene Nord beschlossenen Variante besteht, sollte sich das ganze Verfahren noch einmal vergegenwärtigen, in sich gehen und schämen!

Und noch etwas persönliches. Ich war an dem Tag, an dem in Celle das Abschlussdokument unterzeichnet wurde, vor Ort um gegen die Unterzeichnung zu demonstrieren. Meine Mitstreiter und ich musste hämische Äußerungen von Mitgliedern der „Y-Monster“, „unsYnn“ und Co. in der Art „Wir sind die Gewinner und ihr seit die Loser!“ über uns ergehen lassen. Diese Leute sollten sich auch schämen!