Sehr geehrte Frau Lotze, sehr geehrte Frau Schröder-Ehlers,

in der Landeszeitung vom 11.11.2015 begrüßen Sie die Empfehlung des Dialogforums Schiene Nord, die Alpha-E-Variante zu bauen. Diese Variante sieht den Bau eines 3. Gleises zwischen Lüneburg und Uelzen vor. Wir erlauben uns, Ihnen dazu einige Fragen zu stellen:

  1. Das Dialogforum Schiene Nord war eine gute Idee mit großen Durchführungsschwächen. Nach dem Windhundverfahren und mangels eindeutiger Kriterien hatte sich dort schnell eine überdeutliche Mehrheit zusammengefunden, die nur ein Ziel hatte, einen Streckenneubau vor der eigenen Haustür zu verhindern. Eine Neubauvariante wurde vom DSN noch nicht einmal ansatzweise geprüft. Gewichtige Argumente gegen die Alpha-Variante wurden von der Mehrheit vom Tisch gewischt. Aus der guten Idee „Bürgerbeteiligung“ wurde eine fragwürdige undemokratische Veranstaltung. Wie können sich zwei demokratisch gewählte Politikerinnen ohne weiteres ein undemokratisches entstandenes Ergebnis zu Eigen machen? Oder liegt es daran, dass Sie sich selbst schon viel früher als das Dialogforum auf Alpha festgelegt hatten? Sollen wir Sie jetzt für Ihre Weitsicht loben oder Ihnen Mithilfe bei einer Ergebnismanipulation vorwerfen?
  2. Hamburg, Bremen und auch Schleswig-Holstein, die eigentlichen Nutzer, lehnen die Alpha-Variante ab, weil sie am Bedarf vorbeigeht. Was antworten Sie den Vertretern dieser Bundesländer?
  3. Zurzeit verkehren täglich 289 Züge (davon 185 Güterzüge) zwischen Stelle und Lüneburg. 2030 werden es insgesamt 550 Züge sein. Die 3gleisige Strecke wird aber nur 440 Züge aufnehmen können. Ca. 100 Züge pro Tag werden nicht fahren können. Das bedeutet 3500 LKW pro Tag mehr. Im Vergleich zur Bahn bedeutet das die Vervierfachung der Kohlendioxyd-Emissionen und die Zunahme der Unfallwahrscheinlichkeit im Gefahrguttransport um den Faktor 43 (!). Sind diese Zahlen nicht auch für Sie ein Indiz dafür, dass das Dialogforum sich inhaltlich nicht mit den Konsequenzen von Alpha E beschäftigt hat?
  4. Herr Kotzargiorgis, Bundesbahngutachter und der „Erfinder“ der Alpha E-Variante geht inzwischen auf Distanz zu einer Erfindung. Er schreibt: „…alle Neubaumaßnahmen (…) führen im Gegensatz zur Alpha-Trasse zu deutlichen Kapazitätserhöhungen und lösen die verkehrlichen Konflikt deutlich besser. Sie erreichen positive Rentabilitätswerte. Nicht nur, dass die Alpha-Trasse in der vorliegenden Form keine zusätzlichen Kapazitäten für den Schienenpersonennahverkehr liefert. Auch die Taktzeiterfordernisse im Schienenpersonenfernverkehr können nicht erreicht werden, so dass der Schienenpersonenfernverkehr nicht profitiert. (…) zusätzliche Anforderungen an einen erhöhten Lärmschutz werden das niedrige positive Nutzen-Kosten-Verhältnis (…) deutlich gefährden.“ Können Sie uns sagen, warum Sie trotz der erschreckenden Aussagen des Gutachters die Umsetzung der Alpha E-Variante befürworten?
  5. Die Alpha E-Variante erreicht gerade mal ein Kosten-Nutzen-Verhältnis von 1,08. Und auch nur deswegen, weil ein Teil des zusätzlichen Lärmschutzes noch nicht eingerechnet wurde. Dem Dialogforum lagen zwei Neubautrassen vor, deren Kosten-Nutzen-Verhältnis bei 1,4 liegt – inclusive Lärmschutz. Diese Trassen wurden nicht einmal im Ansatz geprüft. Warum wollen Sie einer Ausbau-Variante zustimmen, die mehr Kosten als Nutzen bringt?
  6. Die Hansestadt Hamburg und der Oberbürgermeister der Hansestadt Lüneburg, Mädge, fordern den Bau einer Neubaustrecke z. B. entlang der A7. Nach den vorliegenden Zahlen und Gutachten kann nur eine Neubaustrecke die zukünftigen Bedarfe abdecken. Warum unterstützen Sie als Abgeordnete der Region Lüneburg nicht die Forderung von Herrn Mädge? Wir fordern Sie auf, diesen öffentlichen Brief auch öffentlich (vielleicht auch im Rahmen einer Podiumsdiskussion) zu beantworten.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Gaußmann
Michael Hansen

Bürgerinitiative Deutsch Evern 21