Artikel in der Landeszeitung Lüneburg vom 14.02.2015

Deutsch Evern: Schiene oder Supermarkt
Das Gleis bei Deutsch Evern: Einen Ausbau dieser Strecke sieht Bürgermeister Hubert Ringe kritisch. Foto: t&w

kre Deutsch Evern. Andrea Schröder-Ehlers Richtungsschwenk sorgt für Irritationen in Deutsch Evern. Die Lüneburger SPD-Landtagsabgeordnete präferierte während eines Ortstermins in Westergellersen nun doch den Ausbau der vorhandenen Bahnstrecke Lüneburg-Uelzen vor einem Neubau (LZ berichtete). ,,Die Fortführung des dreigleisigen Ausbaus von Lüneburg nach Uelzen erscheint mir als ein gangbarer Kompromiss“, betonte sie. Das sieht Deutsch Everns Bürgermeister Hubert Ringe (CDU) gar nicht so.

Ringe warnt vor solchen Gedankenspielen: Werde die Bahnstrecke Hamburg-Hannover zwischen Lüneburg und Uelzen tatsächlich ausgebaut, hätte das gravierende Auswirkungen auf Deutsch Evern. ,,Durch unseren Ort müsste mindestens ein zusätzliches Gleis verlegt werden“, erklärt Ringe und fragt: ,,Ist dafür überhaupt der Platz vorhanden? Würde das ohne den Abriss von Häusern funktionieren?“ Einig ist sich Bürgermeister Ringe mit Schröder-Ehlers nur in der Forderung, dass im Falle eines Ausbaus die Lärmschutzmaßnahmen deutlich verbessert werden müssten.

Schon heute ist die Strecke Hamburg-Hannover eine der Hauptverkehrsstrecken der Bahn. Wird diese Strecke durch ein weiteres Gleis ertüchtigt, würden künftig noch mehr Personen- und Güterzüge durch Deutsch Evern, aber auch durch die Nachbargemeinden wie Bienenbüttel oder Bad Bevensen rollen. An bereits existierenden Häusern und Wohnungen vorbei. Denn das räumt auch die Deutsche Bahn AG ein: Vom Ausbau der vorhandenen Strecke wären bis zu 35000 Wohneinheiten betroffen. So viele, wie bei keiner anderen Ausbau-Variante. Und selbst die „Verlegung“ ganzer Gewerbegebiete und Autobahnen ist für die Bahn-Planer nach eigenem Bekunden kein Tabu.

Für Ringe stellt sich daher durchaus die Frage: ,,Wäre es nicht besser, wenn künftig der Güterverkehr über eine neue Trasse rollen würde, an den Orten vorbei und nicht mittendurch?“

Denn sollte eine solche Planung tatsächlich in absehbarer Zukunft Realität werden, hätte das erhebliche Folgen für die Anwohner links und rechts der Bahngleise in Deutsch Evern. ,,Auf der Westseite wären auf alle Fälle das Feuerwehrhaus und der Netto-Markt betroffen, auch die Kreisstraße müsste verlegt werden“, listet Ringe auf. Würde auf der Ostseite das neue Gleis gebaut, träfe es wohl Teile des Wohngebietes Hauskoppel und den Wildgarten. Und für das ,,Haus Niedersachsen“ hätte in diesem Fall wohl auch das letzte Stündlein geschlagen.

Zugegeben, das sind zum jetzigen Zeitpunkt noch alles Planspiele. Umso irritierter reagiert Ringe daher auf die Äußerungen der Lüneburger SPD-Landtagsabgeordneten, für die zum jetzigen Zeitpunkt der Ausbau im Bestand das kleinere Übel zu sein scheint. ,,Solche Äußerungen sind wenig hilfreich, weil dadurch eine ergebnisoffene Untersuchung aller möglichen Strecken-Varianten nicht mehr gewährleistet ist“, ärgert sich der Deutsch Everner Bürgermeister. Dabei soll genau das das Dialog-Verfahren, das der niedersächsische Wirtschafts- und Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) angeschoben hat, garantieren. Aus neuen Vorschlägen soll die optimale Trassenführung herausgefiltert werden.

Für eine ,,ergebnisoffene“ Untersuchung aller möglichen Varianten hatte sich jüngst auch der Rat der Samtgemeinde Ilmenau in einer einstimmig verabschiedeten Resolution ausgesprochen. Die Forderung einiger Ratsmitglieder, die Formulierung ,,Bestandsstrecken vor Neubau“ mit einzufügen, hatte der Rat zuvor mehrheitlich abgelehnt (LZ berichtete).

Nach Bahnprognosen ist der Ausbau der Schienenwege im Norden unverzichtbar, um die steigenden Gütermengen aus den Häfen abfahren zu können. Die Kosten für den Bestandsstreckenausbau bis Celle beziffert die Bahn auf rund 2,5 Milliarden Euro, bis Uelzen immerhin noch auf 1,7 Milliarden Euro. Betroffen wären nach Bahnangaben nicht nur die Anwohner der Strecke und Bahnreisende, da es während der Bauzeit immer wieder zu Vollsperrungen kommen würde, auch 100 Kilometer Natur-, Landschafts-, Wasserschutz- und FFH-Gebiete würden bei der großen Variante in Mitleidenschaft gezogen.